Nach den gegenständlichen Anfängen fand Gertrud Guyer Wyrsch in den Fünfzigerjahren zur Ungegenständlichkeit und setzte bewegte Rhythmen auf die Leinwand. Die Kompositionen aus Farbfeldern konnten mit einer schwarzen Pinselzeichnung gefasst oder aufgebrochen sein.
In den Sechzigerjahren setzte sie reduzierte Farbfelder auf die Leinwand. Die ocker-oder sandfarbenen Gründe mit weissen und blauen Akzenten verbreiten mediterrane Stimmung.
Später entstanden durch getupfte Partien rhythmisch vibrierende Bildebenen auf kleinen Lümpli, auf Hudeln und auf grossen Fetzentüchern. Solche Bezeichnungen für ihre Bildträger gebrauchte die Künstlerin mit augenzwinkerndem Understatement. In den getupften Bildern wird die Ruhe und Ausdauer spürbar, die das Setzen der Punkte oder Striche verlangte. Himmel, Wasser und Erde bestimmten die Farbwahl, ihr geliebtes Meer schien in einer der letzten Bilderreihen auf. Überhaupt blieb sie mit ihrer grossen Inspirationsquelle, der Natur, immer eng verbunden, nicht nur, wenn sie im heimischen Vierwaldstättersee, in der Aare oder im Meer vor Caldetas schwamm.
Die Künstlerin selbst zeigte immer, wenn es möglich war, ihre Arbeiten an der Wand und im Raum in einem spannungsvollen Dialog.
Türme aus Holz oder Metall steigen bis drei Meter in die Höhe. Die Stelen sind aus Gitterwerk zusammengefügt oder aus geschlossenen prismatischen Flächen gebaut. Sie weisen Kanten und feine Wölbungen auf. Immer sind die Formen in heikler Tüftelarbeit aneinander, aufeinander, ineinander gefügt. Gertrud Guyer war mit Stichsäge, Bohrer, Schraubzwingen, Schleifscheiben und Leimpistole genau so vertraut wie mit Pinsel und Farbe.
Letztlich stehen die Arbeiten Gertrud Guyers für Wachstum, für kristalline Gesetzmässigkeiten. Aber die Künstlerin imitierte nicht die Natur, sie schuf Kunst und sie bestimmte die Erscheinungsformen ihrer Werke. Sie war es auch, die bestehende Arbeiten veränderte oder in einer neuen Fassung variierte. Was spielerisch erscheint, war einem unglaublichen Schaffensdrang geschuldet, der keine Ruhe gab, bevor nicht alle denkbaren Möglichkeiten auch realisiert waren. (Zitate aus der Ansprache von Urs Sibler an der Vernissage der Ausstellung in der Galerie Haldemann 2015)
Neben diesen Arbeiten existiert ein grosses grafisches Werk, welches noch kaum ausgestellt wurde: